In den Jahren bis 2018 lag der Fokus meiner Hobby-Beschäftigung
mit der Erforschung der jüngeren Vergangenheit in den verschiedenen
Familienzweigen. Da ich bis 2010 gerade mal die Personen bis zur Generation der
Ur-Urgroßeltern kannte, war vieles neu. Gleichzeitig war die Erkundung der
Vorfahren aufwändig, da die meisten Daten in den Kirchenarchiven zu finden sind
und diese gut verteilt sind. Für eine Vor-Ort-Recherche ist der Aufwand doch in
den meisten Fällen zu hoch, so dass ich professionelle Forscher hinzugezogen
habe. Ergänzend zu den Daten aus den Kirchenbüchern sind Stadtarchive, private
Chroniken und Literaturstudien hilfreich. Mit Kirchenarchiven kommt man oft bis
ins 16. Jahrhundert, sofern nicht zwischendurch Bestände zerstört wurden. Lücken
sind somit vorprogrammiert.
Unter diesen Randbedingungen dürften die so
ermittelbaren Vorfahren und engere Verwandte mittlerweile vorliegen. Bei
Nebenlinien ließe sich dieses Suchspiel fast endlos weiter ausdehnen, trotzdem
ist es gelegentlich interessant in Nebenlinien zu schauen. Durch einen Hinweis aus
Moskau habe ich Anfang letzten Jahres Nachfahren des um 1540 geborenen Marquart Struve aus Sommerland im Kreis
Steinburg recherchiert, die keine direkten Vorfahren sind und daher vorher
unbeachtet geblieben sind. Die Entwicklung dieser Linie zeigt in der Person von
Dr. Jacob Struve die Abkehr von der
vorher landwirtschaftlichen Betätigung auf einem eigenen Hof und die Hinwendung
zur Philologie und Mathematik sowie in folgenden Generationen zur Astronomie. Seine
Nachfahren haben als Direktoren an der
bekannten Sternwarte Pulkovo bei St. Petersburg geforscht, u.a. Prof. Dr. Friedrich Georg Wilhelm von
Struve, der zwischenzeitlich vom russischen Zaren geadelt wurde. In den
Wirren der Oktoberrevolution und des Bürgerkriegs sind einige
Familienmitglieder in den Westen geflohen, einer ist später an eine Sternwarte
in den USA gegangen. Bei meiner direkten Vorfahrin Anna Struve, Tochter des Marquart, und ihren Nachkommen verlief das
Leben zunächst weit weniger spektakulär weiter im landwirtschaftlichen Bereich
und im engeren lokalen Umfeld von Sommerland.
In meiner Datenbank befinden sich insgesamt
17.700 Personen, von denen nur gut 2.500, also knapp 15% direkte Vorfahren sind.
Bei den meisten Familienzweigen enden die Recherchemöglichkeiten spätestens beim
Anfang der Kirchenbuchschreibung, manchmal auch schon deutlich davor. Nur im
Fall des am 22.10.1534 in Antwerpen geborenen Antonius Steinhaus ist die Situation anders. Er stammt von einem Rittergeschlecht von Steenhuis am
Niederrhein ab, das unter diesem Namen bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgt werden
kann. Die Blutlinie setzt sich durch Heirat über die Grafen von Jülich bis zum Haus
Matfriede in Metz und von dort zu Karolingern
und Merowingern fort.
Im Jahr 2018 habe ich noch eine Reihe von
Ergänzungen finden können, z.B. Grundrisse und Bauanträge aus Westerland und nach
einem Besuch im Meldorfer Dom Eindrücke gewonnen zu den dortigen Epitaphen für
Antonius Steinhaus und seinen Schwiegersohn Johannes Wasmer mit ihren Familien.
Auch der Gegend um Neuendorf, Kollmar und Glückstadt, in der einige
Familienzweige über viele Generationen hinweg gelebt haben, habe ich einen
persönlichen Besuch abgestattet. Einige Nebenlinien habe ich weiter
recherchiert und so zwei Familie aus dem Zweig der Kaack und eine aus dem Zweig
Wasmer gefunden, die in die USA ausgewandert sind.
In den letzten Monaten habe ich mich dann etwas
näher mit den frühen Vorfahren beschäftigt. Primärrecherchen helfen hier
natürlich nicht weiter, so dass man oft auf Tertiär-Informationen angewiesen
ist. Damit lässt sich dann aber doch ein einigermaßen verlässliches Bild
erstellen und die vorhandenen Daten zum Teil erheblich ergänzen. Das der Volksstamm
der Sachsen eine wichtige Rolle einnimmt, war schon seit der ersten Beschäftigung
mit den Vorfahren der Steenhuis offensichtlich. Interessant ist, dass sich
Vorfahren in nahezu allen germanischen und skandinavischen Volksstämmen finden
lassen, wobei die Völkerwanderung dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt
hat. Die Beschäftigung mit den wesentlichen Akteuren der Völkerwanderung: Ost- und Westgoten, Heruler, Vandalen,
Burgunder und Salfranken bringt spannende Erkenntnisse und ist auch noch
nicht abgeschlossen. Über diese überwiegend ostgermanischen Stämme ergeben sich
familiäre Verbindungen zu den Herrscherfamilien
des späten ost- und weströmischen Reichs.
Ein weiterer Zufall hat mich beim Besuch der
Kirche St. Pantaleon in Köln und den dortigen Sarkophag der Kaiserin Theophanu (geboren 959 in
Byzanz und gestorben am 15.06.991 in Nijmwegen), die mit Kaiser Otto II. verheiratet war, dazu gebracht, mir ihre Vorfahren
näher anzusehen. Theophanu und Otto II. sind direkte Vorfahren und für Otto II.
dürfte ich die Stammlinie weitgehend vollständig haben. Nur zu Theophanu wusste
ich nur, dass sie als Tochter eines Heerführers im damaligen Byzanz zur Welt
kam und mit Otto II. in Rom gelebt hat. Die Beschäftigung mit ihren Vorfahren hat
unerwartete Ergebnisse gebracht, stammt sie doch von drei ehemals mächtigen
Fürstenhäusern aus Armenien ab, die Könige (Mamikonian und Bagratiden) hervorgebracht haben, mit den Gregoriden aber auch eine Reihe von Patriarchen
der armenischen Kirche. Ihre frühesten bekannten Vorfahren lebten im zweiten
Jahrhundert. Da mir über die Geschichte Armeniens wenig bekannt war, haben
diese Erkenntnisse einen ausreichenden Anstoß gegeben, um zumindest ein wenig
aus der wechselvollen Geschichte Armeniens nachzuvollziehen.
Unter meinen frühen Vorfahren finden sich auch
Kelten, die im Süden von England mehrere Reiche hatten. Ihre Vorfahren befinden
sich in nicht unerheblichem Maße im Bereich der Mythologie, wozu die Artus-Sage
sicher beigetragen hat. Die Kelten
hatten eine Reihe von kriegerischen Auseinandersetzungen mit ihren angelsächsischen
Nachbarn und wurden nach Cornwall und Wales zurückgedrängt.
Sachsen sind während der Völkerwanderung schon
früh im 4. Jahrhundert nach England gegangen und haben dort u.a. das Königreich
Kent gegründet. In meinem Stammbaum der Sachsen, der bis vor das Jahr 0
zurückreicht, ist Witigilus (geboren
um 355 und gestorben 434) als erstere König von Kent genannt. Mit Heiraten in
die Stämme der Abodriten, Franken und Burgunder und durch wieder zurückgekehrte
Sachsen hat sich ein reger Austausch zwischen Britannien und dem Festland
ergeben. Von der Linie der Sachsen stammt auch König Alfred der Große von Wessex (849 bis 26.10.899) unmittelbar
ab, der das letzte angelsächsische Reich in Britannien gegen die Wikinger verteidigen
konnte und die spätere Vereinigung der Reiche vorbereitet hat. Die Blutlinie
geht von Alfred gleich über zwei seiner Kinder weiter. Die Enkelin seines
Sohnes und Nachfolgers auf dem Thron Edward
von England dem Älteren ist Eadgifu
von Wessex, die 937 König Karl III.
von Westfranken geheiratet hat. Alfreds Tochter Ælfthryth von Wessex hat 899 Markgraf
Balduin II. von Flandern geehelicht.
Ealhswith (um 852 bis
10.12.905), die Ehefrau von König Alfred von Wessex stammt von Grafen, Fürsten
und Königen aus dem Reich Mercia ab, die zu den Angelsachsen zu zählen sind.
Die frühesten Vorfahren aus dieser Linie lebten im 6. Jahrhundert, eine
Verbindung zu den sächsischen Vorfahren von Alfred oder den Königen von Kent
habe ich nicht finden können, vermutlich stammten sie nicht vom gleichen Zweig
ab.
Nach der Erfassung und Strukturierung
vermutlich der meisten direkten Vorfahren kann noch etwas mehr Aufwand in die
geschichtliche Einordnung erfolgen. Erste Texte zu den einzelnen Linien und
Stämmen habe ich in den letzten Wochen auf meiner Webseite zur Familiengeschichte
(https://kaack.org) eingestellt, die ich in 2018
neu eingerichtet habe, aber es gibt noch
einiges an Literatur zu sichten. Im letzten Jahr habe ich die neuen
Erkenntnisse in neuen Auflagen meiner Chronik-Bücher eingearbeitet. Ob ich
ergänzenden Befunde aus dem letzten halben Jahr noch aufnehme, steht noch nicht
fest. Betreffen würde dies z.B. die Teilchronik zu den Familien Janssen und
Kaack (https://www.bod.de/buchshop/chronik-der-familien-kaack-und-janssen-juergen-kaack-9783746063669).
Die Erfahrung aus der Beschäftigung mit der
Familienforschung lehrt, dass Überraschungen nicht ausgeschlossen sind und auf
Zufallsfunde oder Anstöße wie im Fall der Astronomen aus der Familie Struve
oder dem Sarkophag von Kaiserin Theophanu dürfte die weitere Entwicklung angewiesen
sein. Systematische Nachforschungen werden schwieriger, je umfangreicher der
Datenbestand wird.
Auf jeden Fall hat die Familienforschung im
Jahr 2018 mehr an neuen Ansätzen gebracht und mehr Zeitaufwand gefordert, als
ich dies im Vorjahr vermutet hatte. Mal sehen, was sich noch an weiteren
Erkenntnissen ergibt. Auf jeden Fall ist die Familienforschung ein spannendes
Hobby, mit dem ich mich in unterschiedlicher Intensität seit etwa zehn Jahren
beschäftige.
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